Wärme

Fußbodenheizung: (K)Eine Lösung für Kunden von heute

Dienstag, 13.10.2020

Bedarfsheizung Teil 2: Überversorgte Fußbodenheizungen als "Effizienzkiller".

Ein kaputtes Rohr mit vier Ventilen.

Dass die aktuelle thermostatische Raumtemperatur-Regelung ("Drossel-Regelung") für Systeme der Fußbodenheizung nicht geeignet ist, da sie nicht "selbstlernend, adaptiv und bedarfsorientiert" arbeitet, wurde an dieser Stelle schon mehrfach gezeigt. Der Entwicklungsauftrag für die "Fußbodenheizung von morgen" ist demnach klar beschrieben: Sie muss von einer Angebotsheizung zu einer Bedarfsheizung transformiert werden, wo von den modernen Endkunden doch Energieeinsparung, Ressourcenschonung, hoher thermischer Komfort und "Smart Home"-Funktionalitäten gefordert werden. Im ersten Teil des Fachbeitrags wurde denn auch der Regel- und Wirkkreis "Fußbodenheizung" genauer untersucht. Im nun folgenden zweiten Teil werden die Hauptgründe für die Überversorgung bei der heutigen Angebots-Fußbodenheizung analysiert.

Ein Regel- und Wirkkreis "Fußbodenheizung", in dem zwischen "Actio" und "Reactio" Stunden vergehen, ist im digitalen Zeitalter gegenüber einem "Kunden von heute" nicht mehr vertretbar, wurde im ersten Teil gefolgert. Energieverschwendende Angebots-Fußbodenheizungen müssen deshalb dringend durch energie-effiziente Bedarfsheizungen ersetzt werden, um den Forderungen nach Energieeinsparung und thermischem Komfort gerecht zu werden.

Nomenklatur: Angebots- vs. Bedarfsheizung

Bei der Angebotsheizung wird das Heizwasser mit dem Wärmeinhalt des errechneten Wärmebedarfs aller Räume vom Wärmeerzeuger über das Rohrnetz zu den Heizkörpern/Heizflächen des ganzen Hauses gepumpt. Jedem Heizkörper bzw. jeder Heizfläche wird die Wassermenge zugeführt, die der errechneten Raumheizlast entspricht. Der hydraulische Abgleich verteilt die Wassermengen richtig. Die Raumtemperatur-Regelung übernehmen Raumthermostate. Voraussetzungen für die richtige Funktion sind die exakte Anpassung der Heizfläche an die errechnete Raumheizlast, der perfekte hydraulische Abgleich und eine richtig eingestellte Kennlinie der außentemperaturgeführten Regelung – zusätzlich: schnell reagierende Raumtemperatur-Regler und eine minimale Speicherfähigkeit der Heizfläche.

Die Bedarfsheizung ist eine Alternative, die dem einzelnen Raum nur die Wärmemenge zuführt, die tatsächlich gerade gebraucht wird und vorher adaptiv (mittels Werkzeugen der "künstlichen Intelligenz") ermittelt wurde. Mit anderen Worten: Exakte Auslegung, Berechnungen und hydraulischer Abgleich sind hier systembedingt nicht notwendig!

Drossel- vs. Beimisch-Regelung

Bei der Drossel-Regelung wird die Wärmeabgabe der Heizfläche durch Veränderung des Heizwasser-Durchflusses geregelt. Die Drossel-Regelung wird derzeit für Heizkörper und Fußbodenheizungen eingesetzt, obwohl sich die beiden Systeme regeltechnisch absolut entgegengesetzt verhalten.

Bei Heizkörpern funktioniert die Drossel-Regelung perfekt: Alle Heizkörper eines Hauses werden systembedingt mit der gleichen Vorlauftemperatur versorgt. Die Heizkörper-Größen werden der errechneten Raum-Heizlast exakt angepasst. Das Thermostatventil am Heizkörper kann auf Fremdwärmeeinträge bei Erreichen des Sollwertes schnell reagieren – der Heizkörper besitzt keine träge Speichermasse.

Bei der Fußbodenheizung werden systembedingt auch alle Heizkreise des Hauses mit der gleichen Vorlauftemperatur versorgt. Die Fußbodenflächen können der errechneten Raumheizlast jedoch nicht angepasst werden. Der Raumthermostat reagiert auf einen Fremdwärmeeintrag erst nach Stunden, die träge Masse des Heizestrichs ist gewaltig. Für Fußbodenheizungen funktioniert die Drossel-Regelung im Sinne einer energieeffizienten Regelung nicht, wird aber aus Mangel an Alternativen bis heute eingebaut.

Bei der Beimisch-Regelung wird dagegen die Vorlauftemperatur raumweise der geforderten Heizlast angepasst, weil die Bodenoberfläche eine feste Größe ist, die nicht angepasst werden kann. Mit der Beimisch-Regelung wird damit die "alte" Angebots-Fußbodenheizung in die geforderte "neue" Bedarfs-Fußbodenheizung transformiert.

Eigentliches Problem der Fußbodenheizung: Überversorgung

Die heute installierte Drossel-Regelung (= "Stand der Technik") kann also das Problem der systembedingten Überversorgung der Fußbodenheizung nicht verhindern. Die Überversorgung oder der "Eigenwärme-Eintrag", gleichbedeutend mit "Energievernichtung", hat verschiedene Ursachen, die in der komplexen Struktur der Wärmeabgabe des Bodens liegen und im ersten Teil des Fachbeitrags ausführlich beschrieben wurden. Hierbei wurde deutlich, dass die Regelung der Fußbodenheizung ein komplexes dynamisches System darstellt.

Dies bedingt, dass bei der Angebots-Fußbodenheizung die Heizwassermenge, die der Raum-Heizfläche zugeführt wird, möglichst genau der zu deckenden rechnerischen Heizlast entsprechen muss. Das setzt wiederum genaue – von Menschen durchgeführte – Berechnungen und präzise Einregulierungsarbeiten voraus. In der Praxis werden diese Voraussetzungen aber bekanntlich häufig nicht erfüllt ("menschliches Versagen"), was bei der Angebotsheizung zwangsläufig zur genannten "Energievernichtung" führt. Es gilt, diese Unzulänglichkeiten des Menschen durch maschinelle Lernfähigkeit bzw. "künstliche Intelligenz" "auszubügeln".

Hier eine exemplarische Aufstellung von Fehlern bzw. "undefinierten Dämpfungsgliedern" im Sinne des Regel- und Wirkkreises "Fußbodenheizung", welche zu einer Überversorgung führen (Leistungs-Angaben beziehen sich auf die rechnerische Wärmeabgabe entsprechend normativer Auslegungsformel, der prozentuale Abstand bezieht sich auf die Annahmen des folgenden Rechenbeispiels: Raumtemperatur 20 °C, Wärmedurchlasswiderstand 0,10 m²K/W, Vorlauftemperatur 42 °C, Spreizung 10 K):

  • Wärmeabgabe verschiedener, abweichender Bodenbeläge: +22 Prozent bei Fliesen (0,05 m²K/W) und -16 Prozent bei dickem Teppich (0,15 m²K/W).
  • Fehlender hydraulischer Abgleich: +18 Prozent bei zu viel Heizwasser (Spreizung: 5 K) und -21 Prozent bei zu wenig Heizwasser (Spreizung: 15 K).
  • Fehlende Einstellung der Auslegungstemperatur in der außentemperaturgeführten Regelung: max. +98 Prozent (!) bei 58 °C Vorlauftemperatur (ungeregelte Wohnungsstation).
  • Auslegungsfehler im mehrgeschossigen Wohnungsbau bei Räumen mit Wohnungstrennwänden, trotz richtiger normativer Berechnung der Heizlast nach DIN EN 12831: bis zu 72 Prozent Überversorgung (vgl. Fallbeispiel).

Ein Rechenbeispiel soll den letztgenannten Punkt verdeutlichen:

Die nach DIN EN 12831 korrekt errechnete Heizlast des Raumes 115 des Bauvorhabens (Appartementhaus in München, 2018 realisiert, Abb. 1) ist im folgenden Praxis-Beispiel weit vom tatsächlichen Raum-Heizbedarf entfernt.

Grundriss einer Etage.
Quelle: Peter Gabanyi
Abb1: Rechenbeispiel: Wohnungsgrundriss des Raumes 115 mit zwei Wohnungstrennwänden aus Beton zu den Nebenwohnungen.

Die rechnerisch ermittelte Raum-Heizlast ist gar um stolze 72 Prozent überzogen. Die daraus resultierende Überversorgung verhindert später den energieeffizienten Betrieb der Anlage. Der "Sicherheitszuschlag" (= innere Wärmeverluste durch Wohnungstrennwände zu Nachbarwohnungen, s. Abb. 1 orange) ist normativ sicherlich richtig angesetzt – aber praxisfern. Die Heizlast nach DIN, ohne den Anteil der beiden Wohnungstrennwände, würde lediglich 926 W betragen. Da nun dieser Raum 115 der "ungünstigste Raum" ("Masterraum") des Gebäudes ist und mit 62 W/m² die größte spezifische Heizlast aufweist, ergibt sich daraus eine Auslegungstemperatur von 42 °C für alle weiteren Räume des Bauvorhabens.

Die Heizlast des Raumes 115 als Berechnung.
Quelle: Peter Gabanyi
Abb.2: Die Heizlast des Raumes 115 – normativ korrekt mit Wohnungstrennwänden gerechnet.

Als Folge des rechnerisch überversorgten Raumes 115 ist die Fußbodenheizung in allen Räumen des Gebäudes weit überdimensioniert:

  • Es ergeben sich im Rechenbeispiel drei Heizkreise mit zu engem Rohrabstand (RA: 10 cm, Abb. 3), das heißt, überzogener Materialeinsatz.
  • Alle errechneten Kreis-Wassermengen, Druckverluste und Einstellwerte für den hydraulischen Abgleich beziehen sich auf diesen "rechnerischen Bedarf", der von der tatsächlichen späteren Betriebsweise abweicht.

Die Tabelle zeigt die klassische Auslegung der Fußbodenheizung des Raumes 115.
Quelle: Peter Gabanyi
Abb. 3: Klassische Auslegung der Fußbodenheizung des Raumes 115 – mit Berücksichtigung der Wohnungstrennwände (= Heizlast: 1.589 W, DIN-konform).

Die alternative Auslegung der Fußbodenheizung des Raumes 115 A entspricht dagegen im Wesentlichen dem praktischen Betrieb der Anlage (Abb. 4), sie ist aber nicht DIN-konform.

Die Tabelle zeigt die Werte bei einer alternativen Auslegung der Fußbodenheizung des Raumes 115 A – ohne Berücksichtigung der Wohnungstrennwände.
Quelle: Peter Gabanyi
Abb. 4: Alternative Auslegung der Fußbodenheizung des Raumes 115 A – ohne Berücksichtigung der Wohnungstrennwände (= Heizlast: 926 W, nicht DIN-konform).

Die Folge dieses (praxisgerechteren) Ansatzes:

  • Weniger Heizkreise, weniger Materialeinsatz (RA: 20 cm).
  • Wassermengen und Druckverluste der Heizkreise sowie der daraus resultierende hydraulische Abgleich entsprechen der praxisnäheren Betriebsweise.

Die Abbildung 4 zeigt noch weitere interessante Details dieser Auslegungsvariante: Die verwendete Auslegungssoftware hat nämlich die Spreizung zwischen Vor- und Rücklauf auf 16 K vergrößert (Rücklauf: 26 °C), um die eingebaute Wärmeleistung (QFB: 965 W) der Vorgabe der rechnerischen Heizlast (926 W) anzupassen. Die daraus resultierenden Wassermengen und Druckverluste der Heizkreise sind dann die notwendige Basis für den hydraulischen Abgleich. Sollte nun aber zu einem späteren Zeitpunkt ein hydraulischer Abgleich durchgeführt werden (sprich: ohne Berücksichtigung dieser Berechnungsunterlagen), indem alle Rücklauftemperaturen auf dasselbe Level gebracht werden, so wird das Problem größer. Denn ein konstantes ∆T aller Heizkreise ist kein hydraulisch abgeglichenes System.

Fazit

Nur ein Regelsystem wie die raumweise Beimisch-Regelung kann die genannten Probleme der Überversorgung in Fußbodenheizungssystemen lösen und die Fehlerquelle "Mensch" effektiv ausschließen. Jeder Heizkreis bekommt hier die Vorlauftemperatur, die der bedarfsorientierten Wärmeabgabe an den Raum entspricht. Ein hydraulischer Abgleich entfällt aufgrund der konstanten Kreiswassermenge der Heizkreispumpe.

Im Laufe des Lebenszyklus des Gebäudes können zudem bauphysikalische Veränderungen oder Nutzungsänderungen vorgenommen werden, auf die sich die raumweise, bedarfsorientierte Regelung automatisch einstellt ("künstliche Intelligenz"). Diese Eigenschaften ermöglichen auch einen einheitlichen Rohrabstand in allen Räumen – eine wichtige Voraussetzung für künftige industrielle Vorfertigung. Bei der Sanierung im Gebäudebestand muss mit der Bei-misch-Regelung zudem nichts berechnet oder einreguliert werden – alle bauphysikalischen Gebäudeeigenschaften und Nutzereinflüsse werden automatisch erfasst und angepasst.

Auch "Smart Home"-Technologien und digitale Steuerungen, die durch periodische Absenkung der Raumtemperatur Energie einsparen sollen, arbeiten erst mit der raumweisen Beimisch-Regelung effizient als Bedarfs-Fußbodenheizung.

Vorschau: Im dritten Teil des Fachbeitrags soll eine dynamische Simulation, welche in Zusammenarbeit mit einer Technischen Hochschule aktuell realisiert wird, die Strahlungsintensität des "warmen Körpers" Fußbodenheizung aufzeigen. Dadurch sind auch quantitative Aussagen zur "Energievernichtung" durch Überversorgung von Fußbodenheizungen möglich.

Von Peter Gabanyi
Dipl.-Ing. (FH) Energie- und Versorgungstechnik
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