Mit einer Hybridlösung aus einer Luft/Wasser-Wärmepumpe und einem Gas-Brennwertgerät wurde ein 120 m² großes Reihenhaus in Düsseldorf ausgestattet.
Kernsaniertes Reihenmittelhaus mit Hybridheizung ausgestattet
Dienstag, 01.12.2020
Düsseldorf gehört zu den Boomregionen in Deutschland. 2013 kratzte die Einwohnerzahl noch knapp an der 600.000-Marke, bis 2030 sollen nach Prognose des Landesbetriebes Information und Technik NRW aber schon rund 645.600 Menschen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt leben. Das sind etwa zehn Prozent mehr als 2008, dem Basisjahr der Prognose. Entsprechend angespannt ist der Wohnungsmarkt, speziell für junge Familien. Für Wim und Tanja Kaiser mit ihren Kindern war das Reihenmittelhaus, das ihnen vor zwei Jahren zum Kauf angeboten wurde, deshalb auch fast so etwas wie ein Lottogewinn: Zum einen aufgrund der Lage am östlichen Stadtrand nahe dem Elbsee. Zum anderen aber, weil das 120-Quadratmeter-Objekt aus den 1960er-Jahren noch nie umgebaut oder energetisch (teil-)saniert wurde. Entsprechend "günstig" stellte sich der Kaufpreis dar.
Außerdem, so das junge Ehepaar im Rückblick, stand damit außer Frage, dass sie ihr Eigenheim von Grund auf kernsanieren konnten: "Jeder Euro Investition rechnete sich hier, denn insbesondere die Heizungs- und Sanitärinstallationen entsprachen definitiv nicht mehr dem heutigen Stand der Technik." Zudem mussten auch Fassade und Dach erneuert werden, sodass auch hier automatisch eine zeitgemäße Wärmedämmung eingesetzt werden konnte. Etwa ein halbes Jahr dauerte letztlich die Kernsanierung und verschlang inklusive Dachausbau und dem Beseitigen von Zwischenwänden einen gut sechsstelligen Betrag. "Doch jeder Cent davon hat sich gelohnt", sind sich Wim und Tanja Kaiser sicher. "Jetzt entspricht das Haus nicht nur unseren Vorstellungen von komfortablem Wohnen, sondern ist gleichzeitig energetisch bestens ausgestattet. Und das ist uns gerade mit Blick auf die Zukunft unserer beiden Kinder mindestens genauso wichtig!"
Gerade in der Rückschau ist aber nicht nur interessant, was bei der Kernsanierung im Detail gemacht wurde. Mindestens genauso spannend: die unterschiedlichen Schwerpunkte, die die verschiedenen Parteien bzw. Projektbeteiligten gesetzt haben.
Dass der Altbau mit dem nur 25 cm starken Kalksandstein-Mauerwerk energetisch ertüchtigt werden musste, stand für Familie Kaiser außer Frage. Aber was zählt dabei letztlich aus Bauherrensicht mehr: die Dämmung der Fassade gegen Wärmeverluste oder eine möglichst regenerativ arbeitende Heizungsanlage mit energiesparender Wärmeverteilung?
Eines wollten die Düsseldorfer Hausbesitzer aber auf keinen Fall, nämlich "eine gedämmte Fassade mit Fenstern wie Schießscharten". Außerdem muss man das Reihenhaus im Verbund sehen, also auch bei Fassade und Dach noch zu den benachbarten Häusern passend. Deswegen bekam das neu eingedeckte Dach auch eine aufwändige Zwischensparrendämmung, die Fassade hingegen wurde nur 9 cm stark mit Hartschaumplatten gedämmt. In Kombination mit neuen Fenstern und Türen drückte das den spezifischen Heizwärmebedarf aber trotzdem schon auf etwa 64,5 kWh/m²a.
Heizungssanierung – immer individuell
Die Heiztechnik im Reihenhaus entsprach in etwa dem Baujahr des Objektes: Ein Gas-Heizgerät mit 27 kW Leistung als Wärmequelle, dazu großzügig dimensionierte Radiatoren mit 60 °C Vorlauftemperatur für die Wärmeübergabe, über der Badewanne hing sogar noch ein "Geyser", ein einfacher Gas-Durchlauferhitzer. Viel hilft viel, galt seinerzeit eben als Leitsatz für die Auslegung. Heute aber ist klimafreundliches Heizen, möglichst mit regenerativen Wärmeerzeugern, angesagt – und erfordert einen umfassenderen Ansatz bei der Konzeption der Anlagentechnik, gerade bei Bestandsobjekten, so Heizungsbaumeister Christoph Freissler: "Am einfachsten wäre der Austausch gegen ein neues Gas-Brennwertgerät gewesen. Da fehlt aber die nachhaltige Komponente, denn Solarthermie oder Photovoltaik kam aufgrund der kleinen Dachfläche als ökologische Ergänzung nicht infrage."
Als Alternative wurde aber durch die Fassadendämmung und den damit geringeren Heizwärmebedarf die Luft/Wasser-Wärmepumpe "aroTHERM Split" von Vaillant interessant: "Fünf Kilowatt Leistung reicht in dieser Region völlig aus, um das Haus komfortabel mit Wärme zu versorgen. Vor allem, weil wir hier durch die ebenfalls neue Fußbodenheizung in allen Räumen nur noch eine Vorlauftemperatur von knapp 28 °C haben."
Für die Warmwasserversorgung eines 4-Personen-Haushalts ist die Wärmeleistung jedoch, trotz ergänzendem 200-Liter-Speicher, zu wenig: "Deswegen haben wir bei diesem Objekt eine Hybridlösung umgesetzt", so Freissler: "Die Wärmepumpe liefert im ersten Schritt mit über 95 Prozent die Grundlast im Heizbetrieb. Die Warmwassernachfrage decken wir in dem 4-Personen-Haushalt aber, über dieselbe Steuerung, durch ein Gas-Brennwertgerät mit 20 kW Leistung ab, das den Warmwasserspeicher direkt beschickt."
Bei entsprechender Auslegung wäre es über ein in der Regelung schon hinterlegtes Hydraulikschema im Übrigen auch möglich, einen eventuellen Wärmeüberschuss aus der Wärmepumpe ebenfalls auf den Speicher zu laden.
Für Andreas Hoberg, Fachberater beim Heiztechnikhersteller Vaillant, sind derartige Hybridlösungen ein vielversprechender Lösungsweg, um die energetische Bestandssanierung klimafreundlich voranzutreiben: "Das Düsseldorfer Projekt ist prototypisch für den Spagat zwischen den Grenzen der Wärmedämmung und gleichzeitig hohen Ansprüchen an die Wärme- und Warmwasserversorgung. Mit der Kombination aus unserer Luft/Wasser-Wärmepumpe »aroTHERM Split« und dem Gas-Brennwertgerät »ecoTEC exklusive« für Spitzenlasten haben wir den Zielkonflikt aber auch wirtschaftlich sehr gut aufgelöst."
Dies gilt vor allem, weil die im Bauvorhaben Kaiser eingesetzte Split-Luft/Wasser-Wärmepumpe über eine leise arbeitende Außeneinheit verfügt. Mit einem Schallleistungspegel von lediglich 54 dB(A) im Tagbetrieb und der akustischen Nachtabsenkung auf 29 dB(A) in drei Meter Entfernung konnte sie – ohne Beeinträchtigung der Nachbarn – im Vorgarten der Reihenhaussiedlung aufgestellt werden.
Gute Ausführungsqualität – Basis für effizienten Betrieb
Begleitet wurde das komplette Bauvorhaben aber nicht nur durch kompetente Anlagentechniker, sondern gleichzeitig durch einen Energieberater. Das ist gerade bei privaten Sanierungsprojekten noch lange nicht die Regel, macht aber auf jeden Fall Sinn, so Dipl.-Ing. Wolfgang Ackermann aus Düsseldorf: "Es geht bei unserer Arbeit ja nicht nur darum, die Sanierungsmaßnahme auf einen möglichst geringen Energiebedarf des Objektes oder eine höchst effiziente Anlagentechnik zu trimmen, um beispielsweise Fördermittel in Anspruch nehmen zu können. Als Energieberater sehe ich meine Aufgabe vielmehr auch darin, baubegleitend die Ausführungsqualität abzusichern und somit dazu beizutragen, dass das Objekt später energetisch und bauphysikalisch optimal aufgestellt ist."
Beim Bauvorhaben Kaiser wurde so zum Beispiel zwar annähernd der Förderstandard "KfW-Effizienzhaus 115" erreicht, aber trotzdem ohne Fördermittel gebaut. Dipl.-Ing. Ackermann: "Der Aufwand, um die restlichen Prozentpunkte für die Förderung einzusammeln, wäre nur über eine noch stärkere Fassadendämmung zu erreichen gewesen. Die aber war von den Bauherren nicht gewollt – und das Effizienzniveau für ein solches Objekt ohnehin schon so gut, dass wir bewusst auf weitere Maßnahmen zur Erreichung der Förderung verzichten konnten."
Stattdessen wurde beispielsweise erhebliche Energie darauf verwandt, die Dichtheit der Gebäudehülle an neuralgischen Punkten – wie Türen und Fenstern oder dem Übergang zum Dachstuhl – zu gewährleisten. Oder dafür zu sorgen, dass auch ohne mechanische Lüftungsanlage zum Schutz vor Schimmelbildung der notwendige Luftaustausch gewährleistet ist. Ackermann: "Dieses Stichwort ist aber gleichzeitig typisch dafür, wie ganzheitlich die energetische Sanierung eines solchen Gebäudes gesehen werden muss. Denn hier ist die Gebäudehülle so dicht, dass wir aus bauphysikalischen Gründen wohl doch noch eine mechanische Lüftung installieren müssen. Darauf sind wir aber mit einer raumweisen dezentralen Lösung bereits eingestellt."
Mittlerweile sähe im Übrigen aber auch das Thema "Förderung" schon wieder ganz anders aus. Über das sogenannte Klimapaket 2020 der Bundesregierung werden gerade solche Hybridanlagen attraktiv durch das BAFA gefördert, wenn sie eine Altanlage ersetzen: Unter bestimmten Voraussetzungen sind bis zu 35 Prozent der förderfähigen Kosten als Zuschuss möglich.
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