Welchen Einfluss hat der Nutzer?
Effizienz und Effektivität von elektrischen Wärmepumpen im realen Betrieb
Samstag, 15.06.2019
Die Nachfrage nach modernen Wärmepumpen-Heizungssystemen steigt. Nicht nur im Neubau spielen Wärmepumpen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Betriebsweise eine immer größere Rolle, auch in der Modernisierung denken Hausbesitzer zunehmend über ein Luft- oder erdgekoppeltes Wärmepumpensystem nach. Welche Faktoren beeinflussen die Effizienz der Wärmepumpe? Welche Rolle spielt das Nutzerverhalten? Geht es am Ende um Effizienz oder Effektivität? Der folgende Beitrag liefert Antworten.
Effizienz bedeutet, mit einem möglichst geringen Einsatz von Energie einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Für den Betrieb einer Wärmepumpenheizung heißt das konkret, mit einem möglichst kleinen Anteil an Antriebsenergie (Strom) einen möglichst großen Anteil an Umweltenergie aus Erdreich, Grundwasser oder Luft in nutzbare Wärme umzuwandeln.
Die elektrische Wärmepumpe kann unterschiedliche Vorlauftemperaturen erzeugen: Der übliche Bereich erstreckt sich von etwa 30 bis 55 °C. Die Vorlauftemperaturen sind entscheidend für die Effizienz: Je niedriger die Temperatur desto effizienter. Allerdings reagiert die Wärmepumpe sensibel auf Fehler. Entscheidend für den effizienten Einsatz der Wärmepumpe ist deshalb zunächst die besonders sorgfältige Planung, Auslegung und Dimensionierung der Anlage, abgestimmt auf die Gegebenheiten der Umgebung, des Gebäudes und auf den Nutzerbedarf. Äußerst wichtig ist jedoch auch die fachgerechte Installation der Anlage. Der Fachhandwerker leistet beispielsweise durch die Beachtung der Installationsanleitungen der Hersteller, durch ein abgestimmtes Hydraulikkonzept, durch fachgerechtes Dämmen der Leitungen, den hydraulischen Abgleich und eine professionelle Übergabe und Einweisung des Nutzers den wichtigsten Beitrag zum effizienten Betrieb der Anlage.
Jahresarbeitszahl, Effizienz und Effektivität
Die Effizienz einer Wärmepumpe wird meistens ausgedrückt in der Jahresarbeitszahl (JAZ): Die JAZ beschreibt das Verhältnis zwischen abgegebener Wärme und eingesetzter Antriebsenergie (Strom) über den Zeitraum eines Jahres. Die berechnete Jahresarbeitszahl nach VDI 4650 Blatt 1 ("Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen – Elektrowärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung") ist insbesondere für die Beantragung staatlicher Fördergelder wichtig.
Die Berechnung der Jahresarbeitszahl und die in der Praxis gemessenen Werte können Unterschiede aufweisen, denn die Jahresarbeitszahl hängt erheblich von den realen Betriebsbedingungen der Wärmepumpe ab, die bei der Berechnung nur möglichst sorgfältig abgeschätzt werden können.
Für die Darstellung der Effizienz einer Anlage sind Arbeitszahlen wichtig, allerdings nicht immer entscheidend. Effizienz ist eine reine Input/Output-Relation. Aber eine hohe Jahresarbeitszahl bedeutet nicht notwendigerweise auch niedrige Stromkosten.
Wichtiger hierfür ist die Effektivität, also das Maß der Zielerreichung. Der Unterschied wird deutlich, wenn man den Heizenergiebedarf, speziell das Verhältnis zwischen Heizwärme- und Trinkwarmwasserbedarf, betrachtet. Um den Heizwärmebedarf eines Gebäudes zu decken, kann beispielsweise an zwei Stellschrauben gedreht werden: An der wärmeübertragenden Fläche und an der Heizkreistemperatur. Da sich letztere direkt in der Wärmepumpeneffizienz niederschlägt, sollte sie so gering wie möglich sein. Das ist i.d.R. in allen Häusern mit Flächenheizung (z.B. Fußboden- oder Wandheizung) der Fall. Dennoch erreichen Wärmepumpen in Passivhäusern selten eine hervorragende Arbeitszahl, was daran liegt, dass durch die extrem niedrigen Energiebedarfe für die Beheizung der Räume der Energieanteil für die Trinkwassererwärmung besonders hoch liegt.
Da für die Erwärmung des Trinkwassers ein höheres Temperaturniveau als zur Raumheizung nötig ist, sinkt die JAZ also insgesamt. Dennoch ist die Kombination von Wärmepumpe und Passivhaus höchst effektiv, da der Verbrauch sehr gering ist.
Wenn zur Erhöhung des Anteils der Eigenstromnutzung zum Beispiel mit einer PV-Anlage höhere Temperaturen im Pufferspeicher erzeugt werden, sinkt die JAZ (erhöhter Stromverbrauch), aber die Stromkosten steigen nicht – auch ein solches Szenario muss bei der Effizienzberechnung zunehmend mehr berücksichtigt werden. Wir halten fest: Arbeitszahlen sind wichtig, aber für den Energieverbrauch des Heizsystems nicht immer entscheidend.
Nutzerverhalten, Wärmebedarf und Umweltbewusstsein
Eine Anlage kann nur so effizient sein, wie es das Heizverhalten seines Nutzers zulässt – das gilt natürlich nicht nur für erneuerbare Heizsysteme wie Wärmepumpenanlagen.
Das Nutzerverhalten wird zwar bei der Planung eingerechnet (angenommene Innentemperaturen, Warmwasserbedarf etc.); ob sich der Bewohner am Ende jedoch tatsächlich so verhält wie vorausgesetzt, steht auf einem anderen Blatt.
Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen ist bei Niedrigtemperaturheizungen besonders wichtig – ein Fehlverhalten macht sich schnell bemerkbar: Exzessives Lüften bei niedrigen Außentemperaturen, sowie der übermäßige Verbrauch von warmem Wasser oder eine unnötig hohe Raumluft- und Warmwassertemperatur, wirken sich auf die Effizienz der Heizung und damit auf die Heizkosten aus.
Mit einer fossilen Brennwertheizung lässt sich ein ausgekühlter Raum tendenziell schneller wieder aufheizen als mit einer Wärmepumpe – obgleich auch hier ein derartiges Verhalten einen unnötigen Energieverbrauch zur Folge hat.
Verändert der Nutzer in einer solchen Situation die Vorlauftemperatur, um einen schnelleren Aufwärmeffekt zu erreichen, arbeitet die Wärmepumpe weniger effizient. Wird dabei sogar die Zuschaltung des Elektroheizstabs benötigt, erfolgt ein kurzfristiger, bedeutsamer Anstieg des Stromverbrauchs und damit eine Reduzierung der Effizienz des gesamten Systems.
Kleine Anpassungen – große Wirkung
Abgesehen von den "soften" Einflussfaktoren durch die Verhaltensmuster der Bewohner, kann der Nutzer außerdem durch kleine Veränderungen an den Einstellungen Einfluss auf die Effizienz der Anlage nehmen.
Hier einige Beispiele aus der Praxis:
- Die Außentemperatur-Abschaltgrenze ist zu hoch eingestellt – das heißt, die Wärmepumpe ist in Betrieb, obwohl es eigentlich gar nicht notwendig ist: die allgemeine Effizienz der Anlage (JAZ) kann dadurch unter Umständen sogar steigen, leider aber unnötigerweise auch der Stromverbrauch.
- Der Betriebswahlschalter ist nicht korrekt eingestellt: Der Sommer-, Winter- oder Ferienbetriebsmodus wird nicht genutzt.
- Der Bivalenzpunkt für die Zusatzheizung ist falsch eingestellt, das heißt, der Heizstab springt an, obwohl gar kein Bedarf an zusätzlicher Wärmeleistung besteht.
- Die Sondertarife für Wärmepumpenstrom werden nicht effektiv genutzt.
Schon in der Planungsphase ist es wichtig, dass der Nutzer sein Heizverhalten gemeinsam mit dem Planer oder Installateur genau bespricht, damit es nicht zu Effizienzverlusten beim Betrieb kommt, wie bei diesen Beispielen:
- Bei der Auslegung der Fußbodenheizung wurden die Fußbodenbeläge (z. B. Teppich) nicht angegeben. Die Fußbodenheizung ist dann zu gering dimensioniert, die Wärmepumpe muss mehr leisten, damit die gewünschte Raumlufttemperatur erreicht wird und verbraucht entsprechend mehr Antriebsenergie. Hier ist es generell zu empfehlen, die Fußbodenheizung großzügig zu bemessen, zum Beispiel die Rohre mit geringerem Abstand zu verlegen – dies erlaubt eine spätere Absenkung der Vorlauftemperatur und damit eine Steigerung der Effizienz.
- Die Daten zur Gebäudehülle sind nicht korrekt, wodurch es zu Fehlern bei der Heizlastberechnung und damit bei der Auslegung der Heizungsanlage kommt.
Einstellungen, die in der Regel durch den Installateur vorgenommen werden, können von den Bewohnern nachteilig verändert werden:
- Heizgrenzen, Heizkurven oder Heizzeiten sind nicht korrekt eingestellt.
- Die Vor- und Rücklauftemperatur ist nicht auf die Heizflächen abgestimmt.
- Aktivierung der aktiven Kühlung, obwohl passive Nutzung ausreichend wäre.
- Die Umschaltung zwischen Heizung und Kühlung ist fehlerhaft programmiert.
- Die Laufzeiten der Umwälzpumpen sind nicht korrekt eingestellt.
- Die Systemdrücke und die Kontrolle derselben sind falsch eingestellt.
Einstellungsmodalitäten in Zusammenhang mit der Trinkwassererwärmung sind häufig ein Grund für eine mangelnde Effizienz der Wärmepumpe. Auch hier kann der Nutzer Einfluss nehmen:
- Die Warmwassersperre ist nicht aktiviert: Es wird in Zeiten mit tiefster Außenlufttemperatur Warmwasser bereitet.
- Die Zirkulation des Warmwassers ist nicht korrekt eingestellt, zum Beispiel dauerhafter Betrieb in Einfamilien-häusern, eventuell auch während längerer Abwesenheit durch Urlaub.
- Bei erdgekoppelten Systemen kommen weitere Faktoren hinzu, die allerdings in der Regel eher vom Installateur behoben werden müssen.
- Die Sole-Ein- und -Austrittstemperatur ist nicht korrekt eingestellt.
- Die Solekonzentration in den Sonden/Kollektoren ist zu hoch, das falsche Frostschutzmittel wurde verwendet.
- Im Solekreislauf befindet sich Schmutz oder Luft.
Fazit
Bei optimaler Auslegung und Dimensionierung ist die elektrische Wärmepumpe ein sowohl hocheffizientes als auch effektives Heizungssystem. In Kombination mit der eigenen PV-Anlage auf dem Dach oder mit erneuerbarem Strom sind Wärmepumpenheizsysteme sogar nahezu CO2-frei zu betreiben.
Wie bei allen Heizungssystemen ist bei Wärmepumpenanlagen bei Planung, Auslegung und Dimensionierung be-sondere Sorgfalt geboten. Planungs- und Installationsfehler wirken sich besonders stark auf die Effizienz aus. Auch der Nutzer selbst sollte sich der erhöhten Sensibilität des Systems bewusst sein, damit er die umweltschonende erneuerbare Wärme optimal genießen kann.
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